14.05.2024

OMR 2024 – Ein Festival der Widersprüche

70.000 Marketing-Expert*innen und solche, die es werden wollen, trafen sich an zwei Tagen auf dem Hamburger Messegelände für das Megaevent der Kommunikations- & Marketing-Branche.

Bei der perfekt durchorganisierten Veranstaltung mit Festival Vibe fällt vor allem auf: Es ist ein Event der Widersprüche.

1. Analog/Real Life VS Digital

Natürlich war auch bei der OMR KI das zentrale Thema. Die neuen Tools für die Content Erstellung und Bearbeitung werden in nie dagewesener Form der breiten Masse zugänglich gemacht.

„Experten schätzen, dass bis zum Jahr 2026 bis zu 90% der Online-Inhalte KI-generiert sein könnten.“

Durchschnittliche Inhalte werden zur Massenware mit geringem Aufwand. Umso wichtiger ist es also überdurchschnittlich viel Kreativität in die eigenen Projekte zu stecken – das bedeutet aber auch überdurchschnittlich viel Aufwand.

„Mediocrity is now free“

Wenn digitalen Inhalten die Einzigartigkeit oder „Menschlichkeit“ fehlt, gewinnt das „echte“ Leben natürlich an Bedeutung. Eine KI mag in Sekunden einen eingängigen Ohrwurm komponieren, doch erst die Live-Performance der Artist erweckt den Song zum Leben. Die Erinnerungen und Emotionen, welche man bei Festivals erlebt, werden durch keine KI-generierte Fantasie ersetzt werden können. Das hört nicht bei Musik auf. OMR-Gründer und CEO Philipp Westermeyer überraschte bei seinem Vortrag “State of the German Internet 2024” mit einem interessanten Fakt, welcher zeigt: Auch junge Zielgruppen suchen sich Alternativen zur digitalen Welt.

“Die Hälfte der Menschen auf der diesjährigen Buchmesse, waren jünger als 30, das ist jünger als die Menschen hier auf der OMR.”

2. Individueller Content VS Datensammlung/Datenschutz

Nie war es einfacher Inhalte perfekt an die Zielgruppe anzupassen. Soll das Produkt in einer Winterlandschaft präsentiert werden oder doch vor dem Eifelturm? Der Jingle rockig oder als Rap? Nicht mehr lange und Filme können Lippen synchron in allen Sprachen ausgespielt werden. KI macht’s möglich. Ob TikTok oder Netflix, der Algorithmus soll jedem den perfekt an seine Interessen abgestimmten Content liefern. Und die Nutzer*innen erwarten das auch. Eine Sache wird dabei oft vergessen. Für die persönliche Ansprache braucht es Unmengen an Daten.

An diese ranzukommen, wurde in den letzten Jahren immer komplizierter. Datenschutzbestimmungen in der EU zwingen die Tech-Konzerne wie Meta oder Google dazu immer weniger User-Informationen zu speichern. Die Menschen haben eine erhöhte Sensibilität für das Thema entwickelt und ein berechtigtes Interesse daran, was mit ihren Daten passiert. Dabei ist das Sammeln der Daten kein grundsätzliches No-Go. Es ist aber ein wachsendes Vertrauensverhältnis zwischen Business und Customer nötig. Kostenlose Streaming Angebote wie YouTube oder Samsung TV Plus bieten frei zugänglichen Content und finanzieren diesen durch Werbung. Zusätzlich lassen sich über Smart TVs Nutzerdaten sammeln, welche wiederrum in anderen Unternehmenszweigen genutzt werden können. Voraussetzung: Alles ist transparent kommuniziert.

„Der Werteaustausch von Werbung für kostenloses Streaming wird immer relevanter und vom Nutzer angenommen. Nur 8% der Nutzer akzeptieren in kostenloser Umgebung keine Werbung.“

 3. Reichweite VS Exklusivität

Der Kampf um den Streaming Markt ist immer noch im vollen Gange. Giganten wie Netflix, Disney oder Apple konkurrieren in Deutschland mit nationalen Anbietern wie RTL, ProSieben, MagentaTV oder den Öffentlich-Rechtlichen. Dabei gibt es zwei verschiedene Ansätze.

Joyn und die Öffentlich-Rechtlichen setzen auf Kooperation. Ziel ist ein Super-Streamer, wie ihn beispielsweise bereits MagentaTV etabliert hat. Um als heimischer Player mit den globalen Mega Marken mithalten zu können, soll das Angebot mehrere Sender gebündelt werden. Ein Ort – alle Inhalte. Ziel ist eine möglichst große Reichweite. ARD und ZDF stellen dazu eine gemeinsame technische Plattform vor. Und das in Open Source, für alle zugänglich, kostenlos und anpassbar. So werden Daten gesammelt und ein technisches Fundament gelegt, worauf alle Partner aufbauen können.

„So eine Umsetzung plante man ursprünglich für Mitte des nächsten Jahrzehnts. Mittlerweise ist man sich sicher: das wird sehr viel schneller kommen. Denn sonst werden wir uns von großen Tech-Konzernen vorführen lassen.“

Im Gegensatz dazu versucht RTL+ einen ähnlichen Weg wie Netflix zu gehen. Exklusive Inhalte im Paid Abo. Content als Alleinstellungsmerkmal. Was man auf RTL+ sehen kann, gibt es nur dort. 5,3 Mio. zahlende Abonnenten konnte man damit bisher von sich überzeugen. Netflix hatte zuletzt 35,5 Mio. Abonnenten in Deutschland.

4. TikTok VS Podcasts

Über 20 Mio. Menschen nutzen TikTok in Deutschland. Das Wachstum ist ungebrochen und scheint nur durch eine Verbots-Debatte wie in den USA gestoppt werden zu können. TikTok ist News-Plattform, Musik-Streamer, Suchmaschine und Entertainment-Anbieter. Die Art und Weise wie Content auf TikTok konsumiert wird, beeinflusst unser Sehverhalten. Auch auf anderen Plattformen. Immer neue Studien stellen die immer verringerte Aufmerksamkeitsspanne fest.

„Mittlerweise liegt die Aufmerksamkeitsspanne bei unter 3 Sekunden und damit niedriger als bei einem Goldfisch. Vor 20 Jahren waren es immerhin noch 12 Sekunden.“

Eine einseitige Entwicklung? Bei weitem nicht. Denn im krassen Gegensatz dazu steht das Wachstum von Podcasts. Der durch Corona angeheizte Hype hat zwar etwas abgenommen. Der Markt bleibt aber stark. Und für jeden ist etwas dabei. Jede noch so kleine Nische hat ihren eigenen Podcast. Besonders der Bereich Sport stößt auf ein enormes Interesse – und im Jahr der Fußball Europameisterschaft im eigenen Land natürlich auch Fußball.

„Es gibt rund 1.500 Sport Podcasts in Deutschland. Mehr als die Hälfte davon reden über König Fußball.“

Podcasts leben von den Persönlichkeiten. Das Gefühl mit Freunden auf der Couch zu sitzen und ihnen beim entspannten Gespräch zuhören zu dürfen. Ein ideales Umfeld für Marken – brand safe, zielgruppengerecht und authentisch.

Dabei heißt es am Ende nicht TikTok ODER Podcasts, sondern beides. Video-Highlights werden dank KI-Tools zurechtgeschnitten und mit automatischen Untertiteln versehen. Die Clips werden dann noch Plattform gerecht mit Musik unterlegt und schon hat man aus einer Folge Podcast Content für eine Woche TikTok. So geht Content-Marketing im Jahre 2024.

Zwischen Digitaler Automatisierung und Menschlicher Authentizität

Die OMR 2024 zeigt, dass das Marketing von heute ein komplexes Feld voller Gegensätze ist, von digitaler Automatisierung bis hin zu einem verstärkten Bedürfnis nach Authentizität. Für Marketer bleibt die Herausforderung, sich in dieser sich schnell verändernden Landschaft anzupassen, ohne die menschliche Verbindung zu verlieren, die echte Erlebnisse und nachhaltige Erinnerungen schafft.

 

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Ronny Buruck

Junior Social Media Manager

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